Die aktuelle Orgelsituation

Seit der Erbauung der Körfer-Orgel sind inzwischen über 100 Jahre vergangen. Im ersten Weltkrieg musste die Kirchengemeinde die zinnernen Prospektpfeifen der Orgel abgeben, sie wurden von Körfer selbst durch Zinkpfeifen ersetzt. Nachdem Kirche und Orgel den zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hatten, erfolgte 1956 ein größerer Umbau der Orgel. Der alte Spieltisch wurde erneuert, das Bordun 16' Register auf dem Hauptwerk wurde durch ein Quintatön 4' und die Clarinette 8’ im ehemaligen Schwellwerk durch ein Nachthorn 2' ersetzt. Die Schwell-Jalousien und die Crescendowalze wurden entfernt. Die Umbaumaßnahmen hatten damit nicht unwesentlichen Einfluss auf den Gesamtcharakter des Instruments. Die ursprüngliche Idee eines quasi in der Orgeldisposition angelegten Orchesterabbilds war aufgegeben worden.
Schätzungsweise seit den 1970er Jahren wird die Orgel nicht mehr gewartet und ist seitdem praktisch unspielbar geworden. Ein erstes Angebot einer Orgelbaufirma zur Generalsanierung des Instrument wurde bereits 1983 eingeholt, einige weitere in den 1990er Jahren.

Der heutige Zustand der Orgel lässt sich in folgenden Punkten zusammenfassen:
  • Das Leder von ca. 1500 Lederbälgchen der pneumatischen Steuerung ist inzwischen brchig und die Bälgchen damit undicht, was einen Ausfall vieler einzelner Töne bis hin zu kompletten Registern verursacht.
  • Die bei einer pneumatischen Konstruktion unter Luftdruck stehenden Bleirohre (insgesamt mehrere 100m) sind zu großen Teilen gerissen oder zerquetscht und damit ebenfalls undicht. Dies bedeutet für die Orgel einen beträchtlichen Druckverlust, die Pneumatik versagt.
  • Das Pfeifenmaterial weist erhebliche Schäden auf. Jahrzehntelanges falsches Heizen des Kirchenraumes haben Risse in den Holzpfeifen und der hölzernen Konstruktion der Orgel verursacht.
Leider ist man bei der Aufnahme der Schäden auf eine Sichtprüfung beschränkt, da die meisten Töne nicht mehr funktionieren und man aus dem Pfeifenklang nicht mehr auf den Pfeifenzustand zurückschließen kann. Das wahre Ausmaß der Schäden bringt wohl erst eine komplette Zerlegung der Orgel zu Tage.

Die hier beschriebene Bestandsaufnahme gibt das Ergebnis der Untersuchungen des Instruments durch eine Reihe renommierter Orgelbau-Firmen wieder. Dies waren die Orgelbauwerkstätten Klais (Bonn), Förster & Nicolaus (Lich), Eule (Bautzen), Vleugels (Hardheim), Müller (Merxheim). Von allen Firmen liegen Angebote mit detaillierten Darstellungen der notwendigen Restaurierungsmaßnahmen vor.

Obwohl bei ihrer Einführung als großer Fortschritt empfunden, hat man sich von der Verwendung pneumatischer Steuerungen im Orgelbau schon sehrbald wieder völlig abgekehrt. Ab ca. 1930 wurden Orgelneubauten fast ausnahmslos wieder mit mechanischer Steuerung gebaut. Dies hat mehrere Gründe.
  • Die Verwendung einer Pneumatik führt durch den Druckverlust in den engen Bleirohren und durch zwischengeschaltete pneumatische Relais zu einer erheblich verzögerten Ansprache der Töne, d.h. zwischen Tastendruck und Erklingen des Tones vergeht eine Zeitspanne, die mit zunehmender Entfernung zwischen Spieltisch und Pfeife wächst. Gerade beim Spiel anspruchsvoller virtuoser Orgelliteratur tritt dieser Nachteil besonders zu Tage, da der Organist nicht mehr instantan mit den Ohren hören kann, was er mit den Händen spielt.
  • Die Orgeltastatur pneumatischer Orgeln weist im Gegensatz zu mechanischen Orgeln oder auch zu Klavieren und Flügeln keinen nennenswerten Widerstand mehr auf. Das Spielgefühl wird schwammig wie auf billigen elektronischen Keybords.
  • Pneumatische Steuerungen sind extrem wartungsanfällig. Die vielen verbauten Bleirohre mit ihren unzähligen Löt- und Verbindungsstellen sind empfindlich gegen thermische Schwankungen und mechanische Einflüsse. Die vielen Lederbälgchen, die bei regelmäßiger Nutzung der Orgel eine beträchtliche Zahl von Öffnungs- und Schließzyklen absolvieren müssen sind Verschleißteile.